Kapitel 26
Die Vereinigung der Macht
Während der Feierlichkeiten:
Seine Heiligkeit wandte seine Blicke zu Norman und Katja, die links von ihm
standen. Er spürte, dass sie Angst hatten. Obwohl überhaupt
kein Grund bestand, vor der Vereinigung der innenruhenden Macht
Angst zu haben, bewunderte er doch diese beiden Menschen, die trotz
größten innerlichen Auseinandersetzungen verschiedenster
Gefühle doch nur das Wohlergehen seines Volkes, des gesamten
Kollektivs im Sinn hatten.
»Ihr braucht euch nicht zu fürchten. Vertraut mir! Gemeinsam wollen
wir nun die Kammer der Seelen betreten. Tut dies in Demut. In der
Mitte seht ihr einen gelben Kreis, auf den werden wir uns nun gemeinsam
stellen.«, erklärte seine Heiligkeit.
So betraten sie die Kammer der Seelen und stellten sich in der Mitte des
Kreises auf. Dieser Kreis hatte einen Radius von ungefähren vier Metern.
»So lasset uns nun die Hände reichen.«, forderte seine
Heiligkeit die beiden auf.
Und während sie so dastanden, sah Katja sich die Decke an, die mit
sonderbaren und pulsierenden Lichtern ausgestattet war. Allmählich
schwanden ihre Sinne. Norman dagegen hatte das Gefühl, als
würde sich der Boden unter seinen Füßen auflösen
und er an Ort und Stelle schweben. Das Gleiche empfand jetzt auch Katja.
Doch sie blieben ruhig, da es ein angenehmes Gefühl war. Dann
sah Katja, wie sich diese Decke ebenfalls aufzulösen begann und
sich das Universum mit all seinen Galaxien vor ihren Augen auftat.
Plötzlich begann sie, in dieses Universum zu treiben, schneller
und immer schneller, so dass diese Milliarden an Galaxien nur so an
ihr vorbeiflogen. Erst ganz langsam, dann immer, immer schneller,
bis sie sich schließlich zu langgezogenen Lichterlinien
verzerrten. Es war einfach unglaublich, was die beiden da zu sehen und zu
fühlen bekamen. Doch so wie es begann, so endete dieses
Erlebnis auch schon wieder. Und es war geschehen. Katja und Norman
standen wieder auf festem Boden und alles war wieder wie zuvor.
»Es ist vollbracht.«, sagte seine Heiligkeit.
»Es war wunderschön, Heiliger Xarmax.«, sagte Katja und weinte
vor Glückseeligkeit.
»Gewiss war es das, mein Kind.«, gab er ihr Recht.
»Alles, was wir mitmachen mussten, nur für diesen einen und
winzigen Augenblick?«, konnte Norman nicht begreifen.
»Unsere Genetik in den Körperzellen hat sich nun mit der Macht und unseren Körpern
vermischt. Eure Immunzellen mit den unseren. So sind unsere Nachkommen, also die nächste
Generation, gegen die Krankheit der unendlichen Traurigkeit
gefeit, also immun.«, berichtete seine Heiligkeit des
Weiteren.
»Na ja, wenigstens habt ihr nun eine reelle Chance zu überleben.«,
sagte Norman dann doch zufrieden.
»Gehe ich denn nun recht in der Annahme, eure Heiligkeit, dass die Dogon,
die den, ich sage mal Virus, in sich tragen, trotzdem nicht geheilt
werden können?«, vermutete Katja sorgenvoll.
»Ja, liebe Katja, so ist es leider. Es tragen aber nicht alle diesen Virus
in sich, doch die, die ihn in sich tragen, werden früher oder
später an den schrecklichen Folgen dieser Krankheit sterben
müssen. Ich muss zugeben, wir sind zu unserem größten
Bedauern und trotz unserer enormen Fähigkeiten, Krankheiten
jeglicher Art zu heilen, nicht in der Lage, diejenigen von dem Virus
zu heilen, die ihn schon in sich tragen.«, erklärte seine
Heiligkeit traurig.
»Ja, könnt ihr wenigstens die Gesunden von den Kranken trennen, um
wenigstens eine eventuelle Ansteckung zu verhindern?«, eine
berechtigte Frage, die Norman stellte.
»Nein, dieser Virus ist in keiner medizinischen Form ausfindig zu machen.
Die Betroffenen verfallen einfach in eine Art Trance, die sie so
sehr traurig werden lässt, dass sie sich nach gewisser Zeit
einfach hinlegen und dann sterben.«, erklärte noch seine
Heiligkeit.
»Was für eine grausame Art, sterben zu müssen. Einfach dahinzusiechen
und sterben zu müssen.«, sagte Katja mit Tränen
in den Augen. Norman und seine Heiligkeit nahmen Katja ganz fest in
ihre Arme und trösteten sie. Seit dieser Vereinigung sind
beide, und ohne es zu wissen, mit dem Kollektiv, was die Gefühle
angeht, seelisch und geistig verschmolzen.
»Ihr fühlt jetzt intensiver als je zuvor. Weil ihr in das geistige
Kollektiv eingebunden wurdet. Ihr solltet euch aber deswegen keine
Sorgen machen.«, sagte seine Heiligkeit.
»Gut, wir vertrauen Ihnen.«, erwiderte Norman.
»So lasset mich euch zu den Festlichkeiten geleiten. Darf ich bitten,
voran zu gehen?«, fragte er höflich.
»Gewiss, gerne, eure Heiligkeit.«, erwiderte Katja mal mit gehobener
Tonart.
Doch kaum hatten sie die Halle erreicht, kamen auch schon seiner
Heiligkeit Sicherheitskräfte angerannt und inmitten dieser
Wächter natürlich sein Adjutant. Hoch empört und
völlig außer sich, wie es seine Heiligkeit nur gelang, aus
ihren und seinem Machtbereich zu entwischen. Sie Umringten seine
Heiligkeit mit einem Gezeter, das nicht auszuhalten war.
»Ah, jetzt ist es aus mit der Ruhe. Ihr müsst wissen, dass ich ihnen,
wie sagt ihr Menschen doch dazu?«, fragte seine Heiligkeit.
»Ausgebüxt, Heiliger Xarmax?«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
»Ja, ich bin ihnen Ausgebüxt.«, sprach er ihre Sprache nach.
»Eure Heiligkeit, sie sprechen unsere Sprache sehr gut, wenn ich das
bemerken darf.«, wies Katja darauf hin.
»Danke, ich habe die Fähigkeit, sehr schnell zu lernen. Außerdem
habe ich von Lyr, meinem treuen Androiden, viele Tipps über euere
Sprache bekommen.«, sagte seine Heiligkeit zu ihr.
»Eure Heiligkeit, Ihre Aufpasser in Ehren. Aber sie sollten sich nicht so
unwillkürlich herumschubsen lassen. Die haben Ihnen mehr Respekt
entgegenzubringen, auch wenn sie ihre Pflicht sehr ernst zu nehmen
scheinen.«
Mit einem Male, hob seine Heiligkeit den rechten Arm empor und forderte
zur Beachtung seiner Person auf. Sofort ließen seine
Aufsichtshäscher ab von ihm und horchten auf.
»Lasst ab von mir. Ihr werdet nun fünf Meter hinter mir einhergehen.«,
befahl nun seine Heiligkeit ganz ruhig und gelassen. Worauf sie
augenblicklich seinem Befehl folgeleisteten.
»Gut so?«, fragte seine Heiligkeit Norman und Katja.
»Perfekt, eure Heiligkeit.«, stimmten sie zu und hielten dabei ihre
Daumen nach oben, während seine Heiligkeit ein Lächeln zu
seinem Besten gab.
So gingen sie weiter des Weges, bis sie an den Schacht kamen wo sich der
Fahrstuhl befand und fuhren mit dem Fahrstuhl 1800 Meter tief in die
unterirdische Stadt, wo sich auch der Rest der Gruppe befand und
bei dem Fest amüsierte.
Unten angekommen machten Norman und Katja genau die gleichen erstaunten
Augen wie der Rest der Gruppe.
»Wau, eure Heiligkeit, da habt ihr aber nicht gespart. Oh, verzeihen Sie
meine Aussprache, ich meinte, da habt Ihr euch aber große Mühe
gegeben. Ein wirklich schönes Fest.«, sagte Katja zu
seiner Heiligkeit.
»Ja, es scheint so, dass das Fest sehr gut gelungen ist.
Plötzlich wurde es gleißend hell in dem riesigen Festsaal und alle
starrten zu ihnen. Ja, sie schienen auf etwas zu warten.
Seine Heiligkeit hob die Arme und verzerrte sein Gesicht zu einem Ausdruck
stetiger Nächstenliebe.
»Höret, höret. Wir haben unsere innenruhenden Mächte miteinander
vereint. Es ist vollbracht!«, schrie seine Heiligkeit in den
Saal hinein, worauf eine vor unsagbarer Freude aufschreiende jubelnde Menge
auf Norman und Katja zurannte. Ja, alle wollten
sie plötzlich berühren. Dabei stießen sie nicht
einmal die beiden herum, nein, im Gegenteil. Einer nach dem andern
berührten Norman und Katjas Schultern und bedankten sich mit
einem Wort:
»Duwohschtee!«
Immer wieder dieses Wort, »Duwohschtee!«
»Das heißt 'Auf ewig im Geiste vereint'. Ihr solltet dabei euer Haupt
verneigen. Denn euch wird eine große Ehre zuteil?«,
empfahl seine Heiligkeit, während er ihnen einen sanften
gutmütigen Blick schenkte.
Nach einer geschlagenen halben Stunde lenkte seine Heiligkeit ein und
beendete mit einem Wink die Danksagung und befahl weiterzufeiern.
»Verzeiht mein Einschreiten, doch ihr würdet noch eine sehr lange Zeit
hier stehen müssen, um alle den Duwohschtee aussprechen zu
lassen.«, sagte seine Heiligkeit den beiden.
»Wie Recht sie doch haben. Danke, eure Heiligkeit!«, antworteten
sie.
So, meine werten und lieben Menschen, ich werde mich nun von euch
verabschieden und mich zur Ruhe begeben. Bei eurer Abreise in zwei
Tagen werden wir uns noch einmal sehen. Solltet ihr noch Wünsche
haben, so lasst es mich unbedingt durch einen Boten wissen, die es hier an
jeder reichlich gedeckten Tafel gibt.«, und seine
Heiligkeit ging wieder in den Fahrstuhl zurück, um noch einen
Stock tiefer zu fahren, wo sich sein notdürftig eingerichtetes Hauptquartier
befand.
»Ja, aber wollen Sie denn nicht mit uns feiern?«, fragte Katja seine
Heiligkeit, der sie aber nicht mehr hören konnte oder wollte.
»Lass ihn, Kaja, er ist alt, krank und müde. Er braucht jetzt diese
Ruhe.«, sagte Norman zu ihr.
»Natürlich, Brüderchen. Er hat es sich redlich verdient. Mann, Norman, was
für ein großer Geist. Ich wünschte, wir hätten
auf der Erde einen Politiker mit nur 10% von seiner Liebe und
Aufopferung für das Volk und wir hätten eine bessere Welt
als diese, die wir verlassen haben.«, sagte Katja.
»Ja, und in die wir wieder zurückkehren werden.«
»Du sagst es, Norman. Mag unsere Welt auch nicht ganz so perfekt sein, so ist
sie doch die unsrige. Komm, Norman, lass uns beide etwas feiern.«,
sagte Katja.
»Schau doch mal, Katja, ist da vorne nicht Gregor?«, fragte Norman seine
Schwester.
»Ja, das ist er. Was treibt er denn da?«, fragte Katja.
»Na, gehen wir doch zu ihm rüber und fragen ihn. Aber wie ich von
hier aus erkennen kann, stopft er sich mit allerlei guten Sachen den
Magen voll.«, sagte Norman.
»Ich dachte, er ist Vegetarier, also ein gesund lebender Mensch? Also auf
der Surenech hat er sich meistens von Gemüse und Soja ernährt.
Und guck ihn dir nun an, dieses Leckermäulchen!«, wies
Katja darauf hin.
He, Gregor, was naschst du denn da Köstliches?«, fragte Norman
ihn.
Vor lauter ständig in sich Hineinstopfens brachte Gregor zunächst
kein einziges Wort mehr zustande, so dass Norman und Katja warten
mussten, bis er den Mund wieder frei hatte.
»Ah, ihr seid es. Mann, ihr müsst dieses Zeug hier mal probieren. Es
schmeckt himmlisch. Ich kann gar nicht genug davon bekommen.«,
erklärte Gregor.
»Wir dachten, du seist Vegetarier?«, sagte Norman.
»Was glaubt ihr, aus was dieses Zeug hier ist? Falls ihr es vergessen haben
solltet, die Dogon, also die Goderijaner, sind allesamt reine
Pflanzenfresser. Also lasst es euch schmecken. Mann, die haben hier
Mädels, sage ich euch, unglaublich süß sind die.«,
bmerkte Gregor so ganz nebenbei lüstern.
»Ich würde dir raten, die Finger von den Frauen hier zu lassen. Denn
wenn du einer den Hof machst, dann musst du sie auch heiraten und
hier bleiben.«, sagte Katja im Spaß, was aber für
Gregor nicht so klang.
»Ja genau, Katja hat da ganz Recht. Da führt kein Weg daran
vorbei.«, stellte sich Norman auf Katjas Seite.
Im Nu veränderten sich Gregors Gesichtszüge zu einer
entsetzten Mimik. Wobei ihm der Brocken, den er nun krampfhaft
versuchte hinunterzuwürgen, förmlich im Hals stecken
blieb. Dann rannte Gregor los, um sich bei seinem Übergeben
nicht völlig zu blamieren und sein Gesicht zu verlieren. Wobei
Norman und Katja höllischen Spaß daran fanden und herzhaft
lachen mussten.
»Mann, das hatte dieser Scheißkerl längst verdient. Oder was
sagst du dazu, Norman?«, fragte sie ihn.
»Schwesterchen, da gebe ich dir einhundert Prozent Recht. Wurde echt mal Zeit.«,
gab er ihr Recht.
Dann kam auch schon Lyr mit den anderen angetrabt.
»Was ist denn mit Gregor los?«, fragte Lyr etwas aufgeregt.
»Nichts schlimmes, er hat sich nur aus lauter Gier verschluckt und musste
nun zum Übergeben gehen.«, gab Katja, sich das
Lachen verbeißend, zur Antwort.
»Ja, aber da muss er doch nicht so wild essen. Es ist doch genügend
für alle da?«, sagte nun Lyr zu der Gruppe im Allgemeinen.
»Ach, Lyr, lass mal. Nun amüsiere dich doch auch mal ein wenig. Im
Übrigen habe ich gerade eben neben diesem Tor da vorne einen
weiblichen Androiden gesehen, hättest du nicht Interesse daran,
was?«, empfahl nun Norman weiter scherzend.
»Also, ich muss doch sehr bitten. Ich bin ein Androide der Klasse A-J1
und nicht ein Androide aus der untersten Klasse.«,
verteidigte er seine Art.
»Verzeih, Lyr, war doch nur ein kleines Späßchen.«, gestand
nun gleich Katja, bevor Lyrs Schaltkreise zusammenbrechen würden.
»So, ein Späßchen, meint ihr. Nun gut, euch sei verziehen. Also
lasst uns hier noch etwas umsehen.«, schlug Lyr vor, womit die
Gruppe einverstanden war.«
Auch Gregor, zwar tief in seinem Stolz getroffen, gesellte sich wieder zur
Gruppe, so dass sie alle wieder vollzählig zusammen waren. So
schlenderten sie durchs Fest, bis es schließlich Zeit wurde, in
die ihnen zugewiesenen Quartiere zu gehen, um eine Mütze voll
Schlaf zu nehmen.
Die zwei Tage des Wartens waren viel zu schnell vorbei. Und seit dieser
Zeit hatte die Gruppe nichts mehr vom Heiligen Xarmax gehört.
Also beschlossen sie, Lyr beim Mittagessen zu fragen.
So saßen sie allesamt beim Mittagessen in der Kantine, mit
vielen hunderten von Verbündeten und Einheimischen, die stets,
wenn sich ihre Blicke kreuzten, ein dankbares Lächeln übrig
hatten. Denn jeder Einzelne hier wusste, was die Gruppe, vor allem
Norman und Katja, auf sich genommen hatten, um ihnen zu helfen.
»Du, Lyr, sag doch mal, wie geht es denn seiner Heiligkeit?«, fragte
Katja unauffällig.
»Wieso fragst du nach ihm?«, kam Lyr mit einer Gegenfrage.
»Och, weißt du, er hat sich ja seit dem Fest gar nicht mehr bei uns
blicken lassen?«, entgegnete Katja.
»Tja, das liegt daran, dass seine Heiligkeit ein sehr beschäftigter
Mann ist. Er hat sich seit ewiger Zeit mit seinem Rat um ein sehr
komplexes Kollektiv zu kümmern.«, warf Lyr ein.
»Gewiss, das ist mir schon klar. Ich bin ehrlich, ich wollte eigentlich
wissen, wann es endlich nach Hause geht. Seine Heiligkeit sagte nach
der Vereinigung, dass er sich kurz vor unsere Heimreise noch von uns
verabschieden wird.«, berichtete Katja genervt.
»Ach, Schwesterchen, sei doch nicht immer so ungeduldig. Lyr kann ja auch
nichts dafür. Wir müssen uns eben in Geduld üben.«,
riet ihr Norman.
»Ja, ja, immer warten und geduldig sein. Dieser Planet ist doch ein
Trümmerhaufen, was sollen wir denn noch hier?«, schaltete
sich auch Gregor wieder meckernd ein.
»Gerade wollte Norman Gregor bescheidstoßen, da kam der Adjutant des Heiligen
Xarmax höchstpersönlich in die Kantine an ihren Tisch.
»Ah, wie ich sehen kann, mundet es den Menschen, unseren Rettern?«,
sprach er im ruhigen und netten Ton.
»Seid gegrüßt, ehrenwerter Adjutant seiner Heiligkeit, dem Heiligen
Xarmax. Was ist euer Begehr?«, sprach Lyr in gehobener
Stilebene.
»Habt Dank, habt Dank, getreuer Androide Lyr. Ich soll
euch berichten: Die Reparaturen der Surenech sind abgeschlossen. Des
Weiteren ist sie mit allem, was ihr die nächsten Jahre braucht,
voll beladen. Ach ja, ich vergaß, dass seine Heiligkeit zehn an
der Zahl der neuen Tarnshuttles in Hangar vier hat beladen lassen. Sie
sind auch die neuesten Entwicklungen. Auf diese Weise entfällt
für die Menschen der unangenehme Transport in den künstlichen
Luftblasen. So kannst du sie bequemer auf die Erde zu ihren
Standorten bringen lassen. In Kürze wird dir seine Heiligkeit
die genaue Funktion über dein System einspeisen.«,
berichtete er weiter.
»Wann also gibt uns seine Heiligkeit die Reise frei?«, frage Lyr.
»In genau drei Stunden könnt ihr an Bord. Bei zwei Stunden Hinflug
müsst ihr folglich in exakt einer Stunde losfliegen, um
pünktlich mit der Surenech starten zu können.«, warf
er noch ein.
»Werden wir uns noch von seiner Heiligkeit verabschieden können? Und was
ist mit Schah Bacheme Te und Schah Sachote Te? Auch von ihnen würden
wir uns noch gern verabschieden.«, wünschte sich
Katja.
»Macht euch deswegen keine Sorgen, sie werden alle anwesend sein, um sich
von euch allen zu verabschieden. Also, ich muss nun gehen. Auf bald!«
Und so schnell er kam, so schnell er sprach, so schnell war er wieder von
hinnen.
»Mann, kann der schnell reden, was?«, sagte Sarah sich wundernd.
Der Rest gab überhaupt keine Antwort darauf, sie beobachteten, wie
dieser Adjutant seiner Heiligkeit eilig aus der Kantine ging. Seine
sonderbare Gangart unterstrich noch sein watschelndes komisches
Verhalten und animierte sogleich die Gruppe zum Lachen. Was aber
jeder vor Lyr und dem Rest in der Kantine so gut es ging verbarg.
»Also, bevor wir in die Quartiere gehen, um alles zusammenzupacken müsst
ihr alle noch in die Kammer des Schweigens. Es wird damit nur
bewirkt, dass ihr zwar unter euch, aber nicht unabhängig euren
Mitmenschen gegenüber von uns erzählen könnt. Also, lasst uns gehen
und, wie würdet ihr Menschen doch sagen? 'Und ab durch die
Mitte!'«, versuchte sich Lyr mal wieder als Mensch.
Gehorsam und schweigend gingen sie Lyr hinterher. Nach zirka fünf Minuten kamen
sie vor der Kammer des Schweigens an und gingen hinein ohne zu murren oder
Lyr Löcher in den Bauch zu fragen. Nach wenigen
Augenblicken war auch schon alles wieder vorüber. Lyr wunderte
sich über diese Bereitschaft seiner Menschengruppe.
»Ja, wollt ihr denn nicht mehr über diese Kammer des Schweigens
erfahren?«, fragte Lyr sich wundernd.
Doch die Gruppe verneinte gleichermaßen mit einem Kopfschütteln.
»Na schön, wie ihr wollt. Dann lasst uns nun packen gehen.«,
sagte Lyr.
Plötzlich brach ein Jubelschrei unter der Gruppe aus. So gingen alle in flotten
Schritten in ihre Quartiere und packten, sprichwörtlich gesagt,
ihre Siebensachen zusammen. Nur Gregor war wieder der Letzte und so
kam es, dass die Gruppe wieder auf ihn warten musste.
»Gregor, wo bleibst du denn? Immer musst du der Letzte sein, es ist schon ein
Kreuz mit dir.«, schimpfte Norman in seine Richtung.
»Noch einen Moment, ich komme ja gleich. Ich habe ja gleich meine
Paraphernalien zusammen.«, sprach er in feinem Stil.
»Was meinte er da? Para... was?«, rätselte Norman.
»Gregor sagte Paraphernalien, damit meinte er wohl, dass er seine ganz
persönlichen Sachen einpackt.«, erklärte zum
Erstaunen der Gruppe Susanne.
»Woher kennst denn du solche Wörter, Susanne? Ich denke, du bist nur
Sekretärin? - Oh entschuldige bitte!«, versprach sich
Stephan.
»Lass nur, das kränkt mich nicht. Ich war gerne Sekretärin. Und
um auf deine Frage zurück zu kommen: In diesem Beruf lernt man
die seltensten Fremdwörter.«, sagte Susanne trotz alledem
stolz.
»Ja, und du bist auch die beste Sekretärin, die ich je hatte.«,
gab nun Peter, ihr Chef, seinen Senf dazu.
Worüber aber Susanne sich mächtig freute. Denn in der
Vergangenheit war Peter nicht gerade nett zu ihr.
Als alle ihre Sachen beisammen hatten, gingen sie ein paar hundert Meter
ins Freie, wie Zinnsoldaten hintereinander, geführt von Lyr, dem
Androiden, einen langen und schmalen Pfad entlang. Nach zirka einer
Viertelstunde kamen sie an einen bereits wartenden Gunni, eines dieser
Schwebefahrzeuge, die einen ohne Pilot halb schwebend und halb fliegend
an jeden gewünschten Ort brachten. Aber das ist uns ja
bereits bekannt.
Dann trauten sie ihren Augen nicht: Viele Dogon und Abgesandte der
Verbündeten, angeführt von seiner Heiligkeit, dem Heiligen
Xarmax, kamen nun auch zu ihnen.
»Seht mal, da ist seine Heiligkeit. Und auch Schah Bacheme Te und Schah
Sachote Te sind darunter.«, deutete Katja voller Freude.
Der Abschied fiel allen schwer. Und es flossen reichlich Tränen.
Selbst Lyr, der ein Androide war, musste schluchzen. Dies bewies
zudem, dass sein Emotionschip einwandfrei funktionierte.
So flog das Gunni endlich los und die Gruppe sah noch lange dem
winkenden Heiligen Xarmax und den Freunden am Startplatz nach. Dann
herrschte ein gemeinsames, ja fast bedrückendes Schweigen
innerhalb der gesamten Gruppe. Man sah förmlich, dass ein jeder
sein bisheriges Abenteuer noch einmal Revue passieren ließ. Des
einen Gesicht verdunkelte sich und im anderen spiegelte sich ein
herzliches Lächeln wieder. So hatte ein jeder für sich und
ganz alleine seine Last der Erinnerungen zu verarbeiten.
»Jetzt macht doch nicht so bedrückte Gesichter, es geht endlich nach
Hause. Nur das zählt doch jetzt und nichts anderes. Das war
doch unentwegt unser Wunsch, oder etwa nicht?«, sagte Gregor,
womit er ausnahmsweise mal Recht behielt.
»Genau, meine Lieben, da muss ich Gregor beipflichten.«, fügte Lyr
hinzu.
Der zweistündige Flug ging schleppend vorbei, doch dann war es
endlich geschafft. Von weitem konnte man das mächtige
Raumschiff, die Surenech, schon erspähen.
»Mann, seht sie euch an, ich wusste, dass sie enorm groß ist, aber so
riesig!«, deutete Mary mit weit aufgerissenen Augen an.
»Ja, die Gruppe hatte die Surenech aus so einem Blickwinkel und in ihrer
Gesamtheit noch niemals gesehen und war dementsprechend verblüfft.
Als allesamt nun endlich an Bord waren und jeder seine Siebensachen in sein
altes Quartier eingeräumt hatte, trafen sie sich alle, wie mit
Lyr abgesprochen, auf der Kommandobrücke, um den Planeten
Goderijan noch einmal nachzusehen, wenn er von dem unendlichen
Universum verschluckt wurde und seine Erinnerungen im Schatten des
Seins verbarg. Noch lange sah die Gruppe schweigend diesen
wundervollen und anmutig anzuschauenden Planeten Goderijan nach.
Kapitel 27, Die Heimreise
Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer
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