Kapitel 25
Das große Siegesfest der Vereinten Planeten
Währenddessen:
Mittlerweile befand sich auch die Surenech, das Raumschiff der Goderijaner,
im Orbit ihres Planeten. Mit Ausnahme der nötigen
Besatzung, die die wichtigsten Instrumente an Bord bedienen mussten,
befanden sich alle bereits in den Shuttles auf dem Weg zur Hauptstadt
Bonchach, wo auch sie in Kürze landen würden. Wie nie zuvor war
der Orbit des Planeten Goderijan nun bestückt von
Großraumschlachtschiffen jeder Klasse und Art.
»Bald sind wir endlich da. Es wird uns seine Heiligkeit, der Heilige Xarmax,
persönlich begrüßen, versprach er mir. Er freut sich
schon auf euch Menschen, wie er sich beliebte auszudrücken.«,
verkündete Lyr sehr stolz.
Die Gruppe war merkwürdig still geworden. Sie saßen in Reih
und Glied nur da und guckten, so auch wörtlich gesprochen, dumm
aus der Wäsche.
»Katja, ich bin echt froh, bald mal wieder frische Luft, echte, gute,
sauerstoffhaltige Luft zu atmen.«, entgegnete Norman seiner
lieben Schwester sehr trefflich.
»Du sagst es, liebes Brüderchen.«, erwiderte Katja.
»Achtung, wir setzen zur Landung an.«, meldete das elektronische System
an Bord des Shuttles. Langsam aber stetig sank das Shuttle herunter
auf den Landeplatz.
Sofort sahen alle durch die Fensterluken.
»Mann, ist da unten vielleicht ein Auflauf.«, stellte nun Susanne
fest, während sie nervös auf ihre Fingernägel kaute.
Es dauerte nicht sehr lange, bis das Shuttle Bodenkontakt hatte und
sanft aufsetzte.
»So, hört mal alle her. Ich mache den Vorschlag, dass wir geschlossen
hinausgehen und auch zusammenbleiben. Ich möchte nicht, dass mir
auch nur einer von euch verlorengeht. Vergesst bitte nicht, dass
ich die Verantwortung für jeden Einzelnen von euch habe. Ihr
könnt mich in sehr große Schwierigkeiten bringen, wenn ihr
euch nicht daran haltet. Also, dann lasst uns nach draußen
gehen.«, wies Lyr ein.
»Mann, Lyr, du bist mir vielleicht ein Nervenbündel. Wir bleiben schon
zusammen, mach dir da mal keine Gedanken.«, sagte Katja zu ihm.
»Genau, wir sind doch keine kleinen Kinder mehr.«, meckerte Gregor mal
wieder.
So öffnete sich die Shuttleluke nach außen hin, und während
sich die absenkende Außenluke, die sich
automatisch zu einem begehbaren Steg verformte, dem Erdboden
näherte, suchten einige Blicke der Gruppe nach dem Antlitz
seiner Heiligkeit. Was Lyr sofort bemerkte.
»Wenn ihr seine Heiligkeit sucht, dann seht dort hin. Es ist die Gestalt,
mit dem dunkelblauen Gewand. Er ist der Einzige, wie ihr eigentlich
wissen solltet, der eine Robe mit dieser Farbe tragen darf.«,
berichtete Lyr voller Stolz.
Viele aus der Flotte, die seine Heiligkeit schon im Vorfeld begrüßt hatten,
standen bereits gehorsam geschlossen hinter ihm. Da waren zum Beispiel
Kommandeur Miwar, General Eltier und Kommandant Zortekan. Und noch so
viele mehr. Man spürte förmlich, ja man bekam sogar das
Gefühl, als warteten alle hohen Ränge nur auf diese acht
Menschen. Sie gafften förmlich, ja gierig, nach ihnen. Trotz
alledem fühlte sich besonders einer aus der Gruppe wie ein
Filmstar. Es war Gregor, der plötzlich beim Verlassen des
Shuttles eine merkwürdig anzusehende Gangart demonstrierte. Was
natürlich auch den Hohen Herren, die sich hinter seiner
Heiligkeit scharten, auffiel.
»Das sind also diese Menschen! Und was für eine merkwürdige
Kleidung sie doch tragen? Der eine davon scheint etwas krank zu
sein?«, deutete Miwar zu Kommandant Zortekan an, die gleich
neben seiner Heiligkeit standen.
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte ihn nun Zortekan.
»Na, er scheint in seiner Bewegung nicht richtig gehen zu können.
Sieh doch selbst.«, erwiderte Miwar.
»Jetzt, wo du es sagst. Ja, er geht ganz anders einher als die anderen. Er
lässt auch seine Arme und Beine etwas einknicksen, finde ich.«,
beschrieb er detailliert.
»Genau, mein guter Freund Zortekan. Gut komponiert, in der Tat, gut
komponiert.«, gab er ihm Recht.
So standen sie nun aufgeregt vor seiner Heiligkeit, dem Heiligen Xarmax
höchstpersönlich, und verbeugten sich demütig, so wie
es ihr Androide Lyr ihnen beigebracht hatte.
»Endlich, seid mir von Herzen gegrüßt, meine lieben Menschen! Großes
Leid musste ich euch zufügen. Doch das Volk der Dogon, wie ihr
meinem Volk den Namen gabt und wie es auch in der Zukunft heißen
wird, ist in eurer Schuld. Mein treuer Androide Lyr, den ihr im
Übrigen auch mit einem eigenen Namen betitelt habt, hat mir von
euren heldenhaften Taten berichtet, die euch auf Sinas widerfuhren.
Nun denn, die Zeit der kriegerischen Taten sind vorerst gebannt.«,
erzählte er.
Dann ging seine Heiligkeit an jedem Einzelnen vorüber und schaute
ihm musternd in seine Augen, während er die linke Hand eines jeden aus der Gruppe
kurz in die seine nahm. Und als er vor Katja und
Norman kam, die nebeneinander standen, hielt er plötzlich inne.
»Es ist mir eine Ehre, euch beiden die Hände reichen zu dürfen.
Wohl kann ich die in euch ruhende Macht spüren. Es drängt
mein Geist auf die Verschmelzung mit eurem. Bald wird es
vollbracht sein und mein Volk befreit aus unsäglichen Qualen.
Fürchtet euch nicht, Katja und Norman. Denn ich bin stets in
euren Herzen bei euch. Wie die euren in dem meinen. So frage ich euch
nun von Antlitz zu Antlitz, seid ihr noch immer bereit, die eure
Macht mir der meinen zu vereinen?«, fragte er Norman und Katja.
»Mit großer Freude stellen wir uns für euer Volk zur
Verfügung. Möge dieses Ereignis zur vollständigen
Genesung eures gesamten Volkes dienen und euren nächsten
Generationen, die noch folgen werden, jegliches Leid damit erspart
bleiben.«, erwiderte Norman seiner Heiligkeit. Der nun und
nicht nur er, nein die gesamte Schar, die sich auf dem Platz
befand, sehr glücklich über diese positive Entscheidung
war. Seine Worte wurden durch eine Art Mikrofon weitergeleitet, so
dass es auch alle verstehen konnten. Jawohl, mit Normans Botschaft
schlossen sich die Menschen in die Herzen aller Goderijaner und
deren Verbündeten.
»Habt Dank, Menschen vom Planeten Erde und höret mein Volk und die
Verbündeten, höret, wie sie nach euch vor Glückseeligkeit
rufen. Nach der Rede an mein Volk und dessen Verbündete, so
bitte ich euch, Norman und Katja, mir in die Kammer der Seelen zu
folgen, dort werden wir unsere innenruhenden Mächte vereinen
und so unser Volk und die nächsten Generationen von der
schrecklichen Krankheit heilen. Dann verbeugten sich alle wieder. So
machte sich alsdann seine Heiligkeit auf, nicht hastend, sondern
schön gemächlich, zu dem eigens für ihn erbauten
Hochaltar, um zu allen zu sprechen und somit zum Schluss das Fest
offiziell zu eröffnen.
Es dauerte natürlich eine Weile, bis seine Heiligkeit den Hochaltar
erreicht hatte. Plötzlich, als alle ihn sehen konnten, wurde es
mit einem Schlag mucksmäuschenstill auf dem großen Lande-
und Startplatz. Solch eine Aura, also Ausstrahlung, ging von ihm aus.
»Heute, hier und jetzt, zeigt mir euer zahlreiches Erscheinen, was für
ein unbändiges Verlangen in euer aller Herzen nach Einigkeit
und Frieden verweilt. Durch nichts habt ihr euch erschüttern
lassen. Durch nichts habt ihr euch aufhalten lassen, auch nicht durch
die schändlichsten Taten dieser so aggressiven Spezies, den
Nohkui, die euch von genau diesen von euch erstrebten Zielen, die in
euren Herzen ruhten, abhalten wollten. Ich und mein Volk der
Goderijaner sind euch Verbündeten zu tiefstem Dank
verpflichtet. Da sind hier das mächtige und tapfere Volk der
Apaloss vom Planeten Rigkhonia vertreten und da sind noch das
mächtige und tapfere Volk der Dilliks vom Planeten Tinalus und
zu guter Letzt sind da noch, ebenso mächtig wie tapfer, die
Chasquiana vom Planeten Nartahu. Ihr alle kamt als unsere
Verbündeten, um uns vor dem drohenden Angriff der Nohkui zu
schützen. Ja, um eure Pflicht gegenüber den Vereinten
Planeten tapfer und selbstlos zu erfüllen. Viele mussten im
Kampfe auf den Schlachtfeldern ihr kostbares Leben lassen, und das nicht nur in diesem Krieg
gegen diese Bestien von Nohkui. Doch ich
schreie es heute, hier und jetzt ins Elysium (goderijanisch für Jenseits): Euer Tod
war nicht umsonst. Ja, eure Opfer, die ihr darbringen musstest, sind
nicht umsonst gewesen. So lasset uns nun für die Gefallenen den
Kaiwoh (Todeslied für die Gefallenen) singen.«
Und Tausende ließen wie in Trance ihre Stimmen erhallen. Die
einzigen, die nicht sangen, sondern mit großem Interesse dem
Gesang lauschten, waren natürlich die Menschen. Sie kannten
dieses Lied ja nicht. Nach dem Gesang des Kaiwoh herrschte wieder
bedrückende Stille auf dem Platz und seine Heiligkeit kam zum
Schlusswort.
So möge euer Bestreben nach Frieden und Einigkeit nimmermehr
vergehen. So lebet denn auf ewig und in Frieden wohl. Das Fest ist
hiermit eröffnet.«, verkündete seine Heiligkeit, der
Heilige Xarmax.
Mit langsamen Schritten kam seine Heiligkeit von seinem hohen Altar herab und ging
geradewegs auf die Menschen zu. Und der Platz leerte sich langsam.
So, meine Lieben, Norman und Katja, endlich, nach so langen Hürden und
Aufschüben folgt mir. Lyr, du und der Rest der Gruppe könnt
schon zu dem Fest gehen, wir werden auch dort erscheinen, sobald die Vereinigung vollbracht
ist.«, forderte seine Heiligkeit.
Dem Rest der Gruppe gefiel das gar nicht, so bemerkte auch seine Heiligkeit,
sie hatten nun Angst um Norman und Katja.
»Fürchtet euch nicht um euren Bruder und eure Schwester. Der Vorgang dauert
nicht sehr lange und ist absolut schmerzfrei. Ich versichere euch,
dass ihr sie bald wieder wohlauf in eurer Mitte aufnehmen könnt.«,
versprach seine Heiligkeit.
Und so entfernte sich seine Heiligkeit mit Norman und Katja, die ihm
schön brav folgten. Die Gruppe sah ihnen noch einen Augenblick
nach, bis die drei in einem noch intakten, großen, mit
herrlichen Fresken verziertem Gebäude verschwanden.
»So, meine Lieben, dann gehen wir zum Fest. Ach, noch etwas, nur um euch
zu warnen: Es werden dort reichlich gedeckte Tafeln
vorhanden sein. Ich würde nicht von jeder Tafel essen, einiges
ist doch sehr gewöhnungsbedürftig. Nicht dass es für
euch nicht essbar wäre, nein, im Gegenteil.«, verkündete
Lyr voll Eifer.
»Warum denn das? Wenn alles so gesund sein soll, warum sollten wir nicht
von allem probieren? Ich meine, wann bekommen wir schon mal eine
solche Möglichkeit, an einem außerirdischen Festmahl
teilzunehmen?«, meckerte Gregor mal wieder herum.
»Nun, ich verbiete es euch ja nicht. Was ich euch damit sagen wollte ist,
dass einiges eben ein bisschen intensiver im Geschmack ist, als ihr
es eigentlich gewohnt seid. Nun denn, ich überlasse es ganz
euch. Aber kommt anschließend nicht zu mir und beschwert euch,
ich hätte euch nicht gewarnt!«, wies Lyr darauf hin.
Doch Lyr bekam keine Reaktion von seiner geschmälerten Gruppe. Nur
einer beschloss, sich, egal von welcher der anscheinend so
reichlich gedeckten Tafeln auch immer, so richtig den Wams vollzuschlagen,
ungeachtet dessen, wovor Lyr gerade gewarnt hatte. So folgte der Rest
der Gruppe Lyr in ein noch etwas zerstörtes Gebäude. Dort
angekommen folgten sie dann dem Androiden in einen riesigen
Fahrstuhl.
»Mann, Lyr, hier hätten mindestens vierhundert Personen Platz!«, bemerkte
nun Sarah begeistert.
»Neunhundert Personen, um genau zu sein, meine liebe Sarah.«, entgegnete
Lyr, sich brüstend.
»Und wie tief fahren wir nun hinunter?«, fragte Mary.
»1800 Meter tief. Die unterirdische Stadt wurde schon vor langer, langer
Zeit erbaut. Tja, und wegen dieser Katastrophe, die vor kurzem
geschah, hatte der Heilige Xarmax eben einen Teil der
Bevölkerung in die unterirdische Stadt evakuiert, zumindest so lange, bis die eigentliche Stadt
wieder neu aufgebaut bzw. bewohnbar ist.«,
berichtete Lyr, der Androide.
»Lyr, und was ist mit dem Rest der Bevölkerung?«, fragte Susanne
ihn.
»Ihr müsst wissen, dieser Planet ist auch mit sehr vielen
Höhlenlabyrinthen im Untergrund bestückt. Dort lebt der Rest. Es wird sehr gut
für sie gesorgt. Es fehlt ihnen an nichts. Wie ihr sehen könnt,
ist auch das Kollektiv bereit, Opfer zu bringen. Was in solchen
Notzeiten eben sehr wichtig ist.«, sagte Lyr.
Nach kurzer Zeit gelangten sie in die unterirdische Stadt, und als sich die
schwere Stahltür aufdrehte, verschlug es ihnen den Atem. Ein
Fest sondergleichen stellte sich ihnen vor. Viele Tische standen
festlich geschmückt und reich an jeglichem Schmaus. Die Wände
der Tunnel glitzerten in tausenden von Farben, eine wahre Pracht, es
sich anzusehen. Und es wurde getanzt, zwar nicht so, wie es die
Menschen von der guten alten Erde her taten, also wie es die Gruppe
gewohnt war, doch sehr nett anzusehen.
»Na, dann lasst uns doch mal ins Getümmel stürzen.«,
schlug Gregor vor.
»Ja, aber bleibt mir ja zusammen!«, übertrieb Lyr mal wieder.
»Lyr, du bist ja schlimmer als meine Mama.«, sagte Mary, während
sie ihm ein Zwinkern schenkte.
»Also, das ist doch... Wird echt Zeit, dass wir wieder an Bord meines Schiffes
kommen. Dort schätzt man meine Fähigkeiten besser und vor
allem werde ich mehr von meiner Gruppe respektiert.«, murrte
Lyr etwas in seiner Eitelkeit verletzt.
Kapitel 26, Die Vereinigung der Macht
Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer
|