Kapitel 20
Die Verräter
Währenddessen in der größten Katastrophenschutzeinrichtung des gesamten Planeten Goderijan. Tief,
tief zirka 1800 Meter unterhalb der Residenz in der Hauptstadt
Bonchach. Bei Kommandant Zortekan und seinen Männern, oder was
von ihnen noch übrig war:
Wie wir bestimmt noch Wissen, besiegte Olep,
Kommandant der Chasquiana, im Alleingang die Nohkui, indem er sich
mit seinem Gleiter, an Bord eine Bombe, die sie Impulsdetonator
nannten, in das Kampfschiff der Nohkui hineinstürzte, also mit ihm
kollidierte. Durch die Wucht der Explosion entstand eine
kurzfristige Raumverzerrung, wodurch eine Ausdehnung der Explosion
gefördert wurde und um ein vielfaches die Explosion verstärkt
wurde, ja sogar vertausendfacht. Diese dadurch entstandene
Druckwelle, begleitet von Feuer und Trümmern der beiden
Raumschiffe, schob sich ja fast auf Quadrantengröße in
Ausdehnung durch den Raum, in Richtung der südlichen Hälfte
des Planeten Goderijan, wo sich auch die Hauptstadt Bonchach der
Goderijaner befand und verwüstete mit einer ungeheuren Kraft
die ganze Stadt. Aus diesem Grund residierte seine
Heiligkeit, der Heilige Xarmax, und ein großer Teil der
Bewohner, unterhalb der Stadt, in ihren größten
Katastrophenschutzräumen des Planeten. Auch ein kleiner Teil der
Verbündeten, die tapferen Apaloss vom Planeten Rigkhonia, des
Kampfgeschwaders des ehemaligen Kommandanten Olep der Apaloss oder
was von den tapferen Kriegern noch übrig war, gelang es, vor
der Druckwelle in die Katastrophenschutzräume zu fliehen und
somit dem Tod gerade noch zu entgehen. Von 1560 Kriegern blieben
nur noch 59 übrig, die nun im Schutz des Bunkers auf die
Heimreise nach Rigkhonia warten.
»Mann, ich will endlich raus aus diesem
Käfig hier, das hält ja niemand aus. Wir dürfen uns
hier unten nicht einmal umsehen!«
»Genau, wir könnten doch alle
zumindest in einen dieser Vergnügungsräume gehen, die wir
herwärts gesehen haben. Aber nein, stattdessen müssen wir
hier in dieser stickigen Bude versauern.«, jammerten zwei
seiner Krieger.
»Männer, übt euch in Geduld.
Sobald der vom Heiligen Xarmax versprochene Expeditionsgleiter mit
dem Nötigsten beladen wurde, machen wir uns auf den
Nachhauseweg. Solange heißt es eben warten. Ich hoffe, ich habe
mich klar ausgedrückt?«, was seine Männer mit einem
müden Gesichtsausdruck bejahten.
Schweigen verhüllte nun den Raum und man
konnte nur noch das Atmen der Krieger hören. Zortekan
beobachtete seine Männer aufs Genaueste und kam schließlich
zu dem Entschluss, dass sich seine Krieger eigentlich ein bisschen
Vergnügung verdient hatten. So beschloss er dann schließlich
doch, ihnen zwei Stunden den Gang zu einer dieser Vergnügungsräume
zu gestatten. Bis dahin hoffte er zumindest, dass der versprochene
Expeditionsgleiter fertig beladen war.
»Na schön, hört mal alle her!
Dieser Schuppen, von wo die Musik herkam...«, deutete Zortekan
seinen Männern.
»Was ist damit?«, fragte einer aus
dem Haufen begriffsstutzig.
»Ich gebe euch zwei Stunden und nicht
mehr, habt ihr das verstanden?«, fragte Kommandant Zortekan
seine Männer, doch ehe er eine Antwort bekam, überrumpelten
sie auch schon ihren Kommandanten mit einem hallenden Jubelgeschrei
und stürmten nach draußen und in Richtung der dortigen
vorhandenen Amüsier- und Vergnügungsräume.
Da saß nun Zortekan ganz alleine und
verlassen. Und als er so saß und über seine derzeitige
Lage nachdachte, spürte er einen leichten Druck an seiner
rechten Schulter. Zortekan griff geistesgegenwärtig, verbunden
mit dem nötigen Reflex, mit seiner rechten Hand nach diesem
Etwas und zog es mit der Androhung seiner linken Faust zu sich
heran.
»Halt, nicht, ich komme in friedlicher
Absicht.«, verteidigte sich diese Gestalt, eingehüllt in
eine Art kuttenähnliches Gewand, so dass man nur sein Gesicht
erkennen konnte.
»Was ist, was wollen Sie von mir?«,
fragte Zortekan diesen.
»Ich wollte Sie nur etwas fragen.«,
erwiderte der junge Mann.
»Dann fragen Sie, und ich rate Ihnen, keine
Dummheiten zu machen, sonst werden sie mich von einer ganz bösen
Seite kennenlernen?«, gab ihm Zortekan unmissverständlich
zu verstehen.
»Sicher, das werde ich auch, aber könnten
Sie mich denn nicht dabei loslassen?«, bat ihn diese fast
vermummte Gestalt, von der man nur sein Gesicht erkennen konnte,
höflich.
»Na schön.«, dann ließ
ihn Zortekan los und wartete.
Ich wollte Sie und ihre Männer zu einem
Umtrunk einladen. Aber wie ich sehe, sind ihre Männer bereits in
der Mandschu.«, erklärte dieser.
»Was ist das, eine Mandschu?«,
fragte ihn nun Zortekan unwissend.
»Na, ihr würdet es als eine Art
Stätte für Gäste und gute Laune bezeichnen.«,
erwiderte dieser junge Mann.
»Ach so, das heißt bei euch
Mandschu? Trotzdem, wollen Sie mir nicht erst mal ihren Namen
nennen?«, forderte nun Zortekan höflich.
»Mein Name? Mir scheint es so, dass man
Sie nur sehr wenig über uns Goderijaner informiert hat?«,
erwähnte dieser so ganz nebenbei.
»Soll das etwa bedeuten, dass ihr keinen
Namen habt?«, fragte Zortekan im Gegenzug.
»Genau, wir Goderijaner haben im
allgemeinem keinen Namen.«, erwiderte der Goderijaner.
»Ja, aber wie unterscheidet ihr euch, ich
meine, wie redet ihr euch an?«, fragte wiederum Zortekan.
»Wir leben als eine ganze Einheit. Wenn
es zu kommunizieren nötig wird, verständigen wir uns auf
geistiger Ebene. Doch wenn Sie es wünschen, können Sie sich
für mich einen Namen ausdenken.«, bot er Zortekan an.
»Nicht nötig, ich weiß, dass Sie ein
Goderijaner sind, also werde ich Sie auch so nennen, schlicht und
einfach Goderijaner. Ich hoffe, dass Sie damit einverstanden sind?«,
fragte er den Goderijaner.
»Gewiss doch, das bin ich. Ich fühle
mich geehrt.«, entgegnete der Goderijaner.
Als alles klar war, gaben sich beide freundschaftlich die Hand und
begaben sich in die Vergnügungsräume, wo sich auch seine
Männer befanden. Dort angekommen wurde Zortekan mit Freude von
seinen Männern empfangen.
»Lassen Sie uns an den Tresen setzen,
Freund Zortekan?«, bot ihm der Goderijaner an.
»Das ist eine ausgezeichnete Idee,
Freund Goderijaner.«, antwortete Zortekan.
So saßen beide am Tresen bei einem
Umtrunk und beobachteten das Treiben in diesem Etablissement.
Eine Frage, woher haben Sie denn eigentlich
unsere Sprache so gut gelernt?«, fragte Zortekan den
Goderijaner.
»Es gehört zu unseren Pflichten,
jede Sprache unserer Verbündeten zu lernen.«, erwiderte
der Goderijaner.
»Was, jede eurer Verbündeten?«,
entgegnete Zortekan verblüfft.
»Gewiss doch, dennoch sind es gar nicht
so viele, wie Sie vielleicht annehmen würden.«, sagte der
Goderijaner bescheiden.
»Mann, ihr müsst ja vielleicht Zeit
haben. Da kann man ja so richtig neidisch werden. Also, schon alleine
unsere Sprache erfordert von klein an jahrelange Übung. Ich
will damit sagen, besser wäre es natürlich, damit
aufzuwachsen, geben sie mir da nicht Recht?«, fragte er den
Goderijaner.
»Gewiss, dennoch, wir Goderijaner brauchen
nicht all zu lange dazu. So ungefähr ein bis zwei Monate in
etwa.«, sagte er, nun ein klein wenig eitel wirkend.
»Moment mal, sie wollen mir doch nicht
weismachen, dass Sie, wofür selbst Einheimische von uns Jahre
brauchen, ihr Goderijaner eine Sprache in zwei Monaten komplett
erlernen könnt?«, wies Zortekan darauf hin.
»Doch, es ist so. Wir können sehr
viel schneller als andere uns bis jetzt bekannte Spezies lernen.
Das heißt aber nicht, dass wir etwas besonderes deswegen sind.
Im Gegenteil, wir haben genau wie alle anderen Probleme, die es zu
lösen gilt. Ich hoffe nicht, dass ich Sie auf irgendeine
Weise gekränkt habe!«, entschuldigte sich der Goderijaner.
»Ach, das macht doch nichts. Aber mal was
anderes: Warum sind sie hier?«, fragte ihn Zortekan.
»Was, wieso fragen sie das?«,
wollte nun, etwas durcheinander, der Goderijaner wissen.
»Na, Sie können mir doch nicht
weismachen, dass Sie mich nur so aus Neugier in unserem Quartier
aufgesucht haben.«, bedrängte ihn nun Zortekan.
»Na schön, Sie haben mich
durchschaut, es hat einen Grund.«, gab der Goderijaner offen
zu.
»Raus mit der Sprache. Es wäre nicht
gut, eine Freundschaft mit Heimlichkeiten zu beginnen.«, warf
Zortekan ein.
»Sie haben Recht, ich brauche Ihre Hilfe.
Wenn ich Ihnen jetzt etwas verrate, versprechen Sie, mir zu helfen und
kein Wort darüber zu verlieren, von wem Sie es erfahren haben?«,
forderte der Goderijaner.
»Wovor haben Sie denn Angst, Freund
Goderijaner?«, kam Zortekan mit einer Gegenfrage.
»Versprechen Sie es mir, geben Sie mir
ihr Ehrenwort?«, forderte er nun noch eindringlicher.
»Ich weiß zwar nicht, um was es sich
hierbei handelt, aber wenn es denn sein muss. Ich gebe Ihnen mein
Ehrenwort.«, ein Ehrenwort eines Chasquiana war schwer und
sehr selten zu bekommen. Das wusste anscheinend dieser Goderijaner,
warum sonst hätte er sich einen Chasquiana ausgesucht. Er
wusste, dass dieses Wort für ihn bindend war und jener lieber
sterben würde, als es jemals zu brechen. Zortekan begriff sehr
schnell, dass er sich damit einiges einhandelte und dem Goderijaner
auf diese Weise sehr viele Probleme abnahm. Doch Zortekan blieb
ruhig und besonnen.
»Dann erzählen Sie mir mal, um was
es sich bei Ihrem Problem handelt. Doch bevor Sie mir ihr Problem
schildern, eines vorweg, ich meine, falls es sich um einen speziellen
Auftrag handeln sollte. Wir werden bald unsere Heimreise antreten.
Also werde ich höchstwahrscheinlich keine sehr große
Hilfe für Sie sein.«, entgegnete er seinem neuen Freund,
dem Goderijaner.
»Ich weiß, doch ich muss es jemandem
anvertrauen können. Es macht mich traurig, nichts dagegen
unternehmen zu können. So hören Sie zu: Es gibt einige
Verräter unter einigen Verbündeten, die diese Nohkui
unterstützen. Sie beliefern diese Bestien mit allen
Informationen, die sie haben wollen.«, erklärte er
Zortekan, der aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen schien.
»Ja, wissen Sie überhaupt, was Sie da
sagen, Freund Goderijaner?«, bemerkte Zortekan sich nun
umsehend.
»Ich weiß genau, wovon ich da rede. Es ist
so, bei meiner Seele. Nichts und niemand kann mir dieses Wissen
ausreden.«, eschoffierte (ärgerte) sich Freund
Goderijaner.
»Das mag ja sein, dennoch würde
mich brennend interessieren, wie Sie an diese heiklen Informationen
gekommen sind.«, wollte, furchtbar neugierig geworden, Zortekan
wissen.
Das kann ich Ihnen ganz genau sagen, ich weiß
es, weil ich zufällig Zeuge eines Gespräches zwischen zweien
dieser Verschwörer wurde, deshalb.«, erklärte der
Goderijaner aufgeregt, ja fast aufgebracht.
»Was genau haben Sie da gehört?
Halt, warten Sie! Wir beide haben anscheinend eine Wichtigkeit
vergessen. Haben Sie nicht gesagt, dass ihr Volk als ein, wie haben
Sie sich noch mal ausgedrückt, als eine gesamte Einheit,
funktioniert? Ich jedoch bevorzuge eher das Wort Kollektiv, was
für mich nichts anderes bedeutet, als dass jeder Goderijaner
genau weiß, was der andere im allgemeinen tut, ja, womöglich auch
denkt und fühlt? Dann wissen Ihre Kameraden auch, dass Sie hier
sind und was Sie mir eben erzählt haben, oder?«, wurde
Zortekan langsam unruhig.
»Nicht ganz. In gewisser Hinsicht haben
Sie schon Recht, dass wir uns spüren oder unsere Gedanken lesen
können, doch sind wir auch fähig, dieses zu unterdrücken,
wenn es denn sein muss. Es kostet aber viel geistige Kraft. Deswegen
habe ich ja nicht mehr so viel Zeit und muss in ein paar Minuten
zurück sein. Bitte, es liegt nun ganz in ihrer Macht, diese
Spione zu entlarven und dingfest zu machen.«, erklärte,
Freund Goderijaner.
»Verzeihen Sie mir diese Bemerkung, warum
gehen Sie nicht einfach zu ihren ersten Vorgesetzten und melden Ihren
Lauschangriff auf diese Spione?«, eine berechtigte und
wichtige Frage, die da Zortekan dem Goderijaner stellte.
»Es hat mit einer verbotenen Liebe zu tun,
ich hoffe, dass Sie nun verstehen. Ich müsste daher erklären
können, was ich in dieser für viele von uns verbotenen
Zone gemacht habe.«, erklärte der Goderijaner leicht
errötend.
»Aha, verstehe, das genügt mir als
Antwort.«, zeigte Zortekan mit einem leichten Lächeln auf
den Lippen verständnisvoll.
»Ich bitte Sie daher, sich dieser Sache
anzunehmen. Werden Sie es tun? Ich hätte sonst keine ruhige
Minute mehr, sollte durch mein Schweigen unser Volk in
Schwierigkeiten geraten. Ich bitte Sie nochmals darum.«
»Dass mag ja alles recht und gut sein,
doch wie sollte ich diese beiden Spione entlarven, ich weiß doch
überhaupt nicht mal, wer es ist. Es kann aber keiner von euch
Goderijanern sein, dessen bin ich mir sicher. Also, heraus mit der
Sprache, wer ist es?«, fragte Zortekan scharf.
Eine Weile schwieg der Goderijaner, doch dann
beugte er sich ganz dicht zu ihm herüber und begann, zwar
zögernd, aber dennoch, mit zittriger Stimme in Zortekans Ohr zu
flüstern. Was Zortekan da hörte, verschlug ihm den Atem.
Zortekan drehte sich nur einen Augenblick um und plötzlich, als
er diesen Goderijaner noch etwas fragen wollte, war er auch schon
verschwunden, weg, wie von Zauberhand, vom Erdboden verschluckt.
»Verdammt noch mal, wo ist er denn hin?«,
sprach Zortekan laut im Selbstgespräch.
Zortekan ärgerte sich ein wenig, eine
solche Verantwortung übernommen zu haben, zumal er ja sein
Ehrenwort gab. Dann setzte er sich wieder an seinen Platz am Tresen
und dachte nach. Es gab für ihn nur eine Möglichkeit, diesen
Fall schleunigst weiterzuleiten. Er musste es dem Heiligen Xarmax
berichten. Doch was sollte er ihm sagen, von wem er diese Nachricht
hatte. Konnte er es ja selbst kaum glauben. Außerdem durfte er die
Quelle seines Wissens nicht verraten, so lange er diese Verräter nicht entlarvt
hatte. Sein Wort als Chasquiana stand auf dem Spiel.
Niemals mehr könnte er in Frieden mit dieser Schmach
weiterleben. Noch mehr erschwerend käme hinzu, dass der
Expeditionsgleiter noch während dieses Tages startklar gemacht
wird, um endlich mit seinen Männern, die es sich redlich verdient
hatten, nach Hause zu fliegen. Zortekan stand nun enorm unter Druck.
Doch es half alles nichts, er musste zum Heiligen Xarmax. Die
Wichtigkeit dieser Botschaft durfte nicht durch nicht beachtendes
Abtun und Verharmlosung geschmälert werden und musste
gezwungenermaßen umgehend weitergeleitet werden, koste es was
es wolle. Zortekan war klar, dass es nicht mehr nur um seine Männer
ging, nein, es ging vielmehr um viele Völker. Wenn es gelänge,
die Verräter zu stellen, die doch tatsächlich geheime
Informationen an den größten Feind verrieten, den es je in der ganzen
Galaxie gab. Eine Spezies, die sich nicht fähig sah,
Gefühle wie Mitleid oder Liebe zu fühlen, sogar das Gefühl des Hasses
kannten diese Kreaturen, diese Ausgeburten der Hölle, nicht. Sie
waren und wurden nur von einem einzigen Gefühl geleitet,
getrieben, also geführt. Nämlich dem Fressgefühl. Wie
ein Tier das hungrig durch die Steppen zog und geduldig auf seine
Beute lauerte, um sie dann gnadenlos zu töten und anschließend
zu fressen. So sind diese Nohkui. Eine wandernde, zum Teil
hochintelligente, insektenartige Spezies. Zortekan beschloss, seine
Leute sich noch etwas länger als vereinbart amüsieren zu
lassen.
»Hört mal her, Jungs. Ich gebe euch
noch Zeit, bis ich wiederkomme, muss noch was erledigen. Und macht
mir ja keine Dummheiten, ist das klar?«, forderte Zortekan
seine Männer auf. Die natürlich mit Freude strammstanden
und akzeptierten.
»Also, ich kann mich nur wiederholen.
Keiner macht mir irgendeine Extratour. Ihr bleibt in diesem Schuppen.
Also, macht mir ja keine Dummheiten hier. Verstanden?«, fragte
Zortekan nochmals seine Jungs.
»Jawohl, Herr Kommandant.«,
antworteten sie.
Also beschloss Zortekan noch einmal zum
Heiligen Xarmax zu gehen, um ihn um eine Audienz zu bitten. Er
beschloss daher, seiner Heiligkeit von der schrecklichen Wahrheit zu
erzählen, die der Goderijaner ohne Namen ihm berichtete hatte.
Doch dass er diese Nachricht von einem Goderijaner hatte, würde
er auf keinen Fall erzählen. Inständig hoffte Zortekan, dass
sein Bericht bei seiner Heiligkeit Gehör finden wird und er danach
auch handeln würde. Wer anders, als seine
Heiligkeit, hätte so viel Macht, um diese brenzliche Nachricht
umgehend seinen Verbündeten zu verkünden. Also machte er
sich voller Hoffnung auf den Weg zu seiner Heiligkeit, dem Heiligen
Xarmax. Zu groß war die Verpflichtung, die er eingegangen war,
als dass er sie beiseiteschieben konnte.
Und wieder in den Vergnügungsräumen,
wo Zortekans Männer sich ausschweifend dem Alkohol und harter
Gespräche hingaben:
»He Noud, pass auf, dass du nicht ins Glas
fällst?«, scherzte der eine mit dem anderen. So ging es
nun stetig weiter, ja Zortekans Krieger verstanden zu feiern.
Währenddessen gelang es Zortekan endlich,
sich wieder durch den unmöglichen Wirrwarr an Aufzügen und
Gängen durchzufragen. So kam er schließlich an der
großen metallenen Tür an, wo sich seine Heiligkeit
aufhielt. Zögernd und dennoch hart schlug Zortekan gegen die
metallene Tür. Doch es folgte keine Reaktion. Erneut pochte
Zortekan gegen die Tür.
»Mist nochmal, scheint nicht da zu sein,
ausgerechnet jetzt! Was mach ich denn jetzt?«, sprach Zortekan
im Selbstgespräch. Während er aufgeregt den engen und
schmalen Gang auf- und ablief.
Na schön, versuche ich es eben später
nochmal, dachte er sich und machte sich auf den Rückweg.
Plötzlich konnte Zortekan ein leichtes Knirschen hören, aus der
Richtung aus der er gerade kam. Zortekan ging zurück und,
siehe da, die metallene Tür stand weit offen, an der
Außenflurwand angelehnt.
»Hallo, ist da jemand?«, rief
Zortekan hinein. Doch er bekam keinerlei Antwort auf seinen Ruf.
Auf leisen Sohlen und mit kleinen Schritten ging Zortekan hinein.
»Hallo, ist da jemand?«,
wiederholte er seine Frage und guckte sich im dort befindlichen
Vorzimmer um.
»Hier, Kommandant Zortekan.«,
lallte ihm eine Stimme entgegen.
Zortekan drehte sich in die Richtung, aus der er
glaubte, die Stimme vernommen zu haben. Da sah er ihn, seine
Heiligkeit. Zusammengekrümmt, von Dunkelheit umhüllt, die
der Schatten in seiner Ecke auf ihn warf. Ein ungewohntes Bild,
seine Heiligkeit, den Mächtigsten Mann des Planeten Goderijan,
so kauernd und klein wirkend in dieser Ecke sitzen zu sehen. Xarmax
stand auf und ging schleppend wirkend, auf seinen Schreibtisch zu,
der in etwa drei Meter am anderen Ende des Vorzimmers stand.
»Ja, ich weiß, ein komisches Bild, das ich
eben abgab. Das, mein lieber Kommandant, ist meine Art, mich zu
regenerieren. Ein Mann in meiner Stellung, darf nicht träumen,
nicht rasten noch ruhen. Nur ja keine Schwäche zeigen. Ja, ich
bin aus Fleisch und Blut mit nur einem Fehler geboren, um nur einen
Zweck zu erfüllen: Zu regieren, zu führen. Es ist anstrengend,
als Führer eines Kollektivs sein Dasein zu fristen. Nun,
so sei es denn. Was führt Sie zu mir? Wenn ich mich recht
erinnere, waren sie schon mal bei mir?«, fragte seine
Heiligkeit äußerst verwirrt.
»Äh, natürlich, eure Heiligkeit.
Ich und meine Männer kämpften für Ihr Volk gegen die
Nohkui.«, bekräftigte Zortekan seine Antwort.
»Ah ja, diese Nohkui, diese götterlosen
und grausamen Kreaturen. Verzeiht meine Gedächtnisschwäche,
Kommandant Zortekan. Aber selbst ich bin vor dem Altwerden nicht
gefeit.«, erklärte seine Heiligkeit unter ständigem
Hüsteln.
»Ich fühle eine tiefe Unruhe in ihrem
Innersten.«, wies seine Heiligkeit hin.
»Das ist richtig, eure Heiligkeit. Ich
habe eine Information für Sie, die äußerst wichtig
ist und ein etwaiges Beiseiteschieben mit Sicherheit eine
Katastrophe mit sich führen würde.«, sagte Zortekan
dem Heiligen Xarmax.
»So, dann lassen Sie mal hören,
meine Zeit ist sehr begrenzt, lieber Kommandant.«, drängte
seine Heiligkeit.
»Gewiss, eure Heiligkeit.«
Und Kommandant Zortekan erzählte, was ihm
von einem Freund zugetragen wurde. Doch, wie dem Freunde
versprochen, ohne das Wort 'Goderijaner' mit seiner Aussage in
Verbindung zu bringen.
»Äußerst schlimm, diese
Nachricht ist, die Sie mir da berichten, Kommandant Zortekan. In
ihren Augen kann ich sehen, dass Sie die Wahrheit sagen. Doch des
weiteren in ihren Augen lesen, dass mit ihrer Wahrheit auch noch ein
starker Wille wütet, etwas zu verbergen.«, gab seine
Heiligkeit zu verstehen.
»Gewiss, eure Heiligkeit, doch wird
dieses kleine Geheimnis eurem Volke nicht schaden, dafür gebe
ich Ihnen mein Ehrenwort, eure Heiligkeit.«
»Ihr Ehrenwort? Ja, das zweite Mal heute
Sie ihr Wort gaben. Ja, ein sehr stolzes Volk ihr Chasquiana doch
seid. Lieber sterben ihr werdet, als euer Wort zu brechen. Nun, so sei
es, es wird mir wohl oder übel ausreichen müssen.«
Seine Heiligkeit konnte in vielen verschiedenen
wortgewandten Sätzen seinen Willen und seine Formulierungen zum
Ausdruck bringen. Er besaß nämlich mehrere Seelen, die er
einstweilen und hörbar zum Ausdruck brachte. Je nach Situation.
»Das bedeutet, dass nicht nur wir uns in
Gefahr befinden, nein, auch viele andere besiedelte Welten sind in
Gefahr. Immer und immer wieder diese mir und meinem Volke und anderen
Völkern so verhassten Kreaturen. Die Nohkui, ich dachte, dass
wir und unsere Verbündeten diese Ausgeburten der Hölle
endgültig vernichtet hätten. Deshalb wollte ich ja zu Ehren
aller tapferen Krieger ein großes Fest feiern. Dieses Fest
muss wohl, wie schon so oft, bis auf Weiteres verschoben werden. Nun
ja, junger Mann, ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet. Ich
denke, dass es für Sie das beste wäre, mit Ihren noch
wenigen Kriegern umgehend die Heimreise anzutreten. Was ihr euch
redlich verdient habt. Grundgütiger, so viele tapfere Krieger
ihr Leben lassen mussten. Doch nichts desto Trotz, Ihr Gleiter wird
sicher schon zur Abreise klargemacht worden sein. Ich danke Ihnen und
ihren tapferen Männern, für sie werde ich, wenn die Zeit
dafür gekommen ist, ein Denkmal errichten lassen, das stets
daran erinnern wird, wie weit ihre Krieger bereit waren, für
unsere Sache, für unseren Frieden, ihr Leben zu lassen. Dass
Brüderlichkeit kein Leeres Wort mehr sei. Ich kann mich nur
wiederholen, mein ganzes Volk und ich stehen in Ihrer Schuld.«,
sagte seine Heiligkeit mit Tränen in den Augen.
»In Schuld? Gewiss nicht, eure
Heiligkeit. Euer Volk hätte das gleiche Opfer gebracht, dessen
bin ich mir sicher. Und unter diesen Umständen wäre es
angebrachter, Sie gäben mir keinen Expeditionsgleiter wie
vorgesehen, sondern einen Kampfgleiter.«, forderte Zortekan
voller Patroismus.
»Trotz des großen Verlustes Ihrer so
tapferen Krieger, wollen sie noch immer an unserer Seite kämpfen?
Ihr macht mich verlegen. Doch ich entspreche eurem Wunsch gerne. Nur
zu gut weiß ich, dass wir jetzt jeden Kampfpiloten in dieser so
schrecklichen Zeit brauchen werden. Deshalb nehme ich dankend an.«,
sagte seine Heiligkeit.
»Heiliger Xarmax, es steht doch noch ein
Kampfgleiter zu Verfügung, oder?«, fragte Zortekan seine
Heiligkeit
»Ihnen, mein lieber Kommandant, müsste
doch mittlerweile geläufig sein, dass wir kein Volk der Gewalt
sind?«, wies seine Heiligkeit hin.
»Sicherlich ist mir das bekannt. Ich
hoffte nur, eure Heiligkeit?«, warf Zortekan ein.
»Hoffnung? Bei jedem Anliegen dieses
Wort, ich höre es in ständiger Folge. Was haben Sie denn
vor, mein lieber Zortekan?«, fragte ihn nun Xarmax neugierig
geworden.
»Ich möchte für die Freiheit
aller Völker in unserem Quadranten kämpfen, was sonst.
Außerdem habe ich gehört, dass sich General Goduru von den
Apaloss mit seiner gesamten und tapferen Flotte im Orbit Ihres
Außenplaneten Sinas befindet. Ich würde mich ihm gerne
anschließen. Wenn sie also nun unsere Ankunft ankündigen
würden?«, fragte Zortekan.
Gewiss, wenn es denn euer ausdrücklicher Wunsch ist, werde ich
mich dem nicht in den Weg stellen und ihr dortiges Ankommen an
General Goduru gerne weiterleiten.
»Was ist nun mit diesem Kampfgleiter,
eure Heiligkeit?«, fragte Zortekan erneut.
»Sehr zielstrebig gehen sie vor, mein
lieber Kommandant. Doch war ich einst, wie ich mich an meine Jugend
erinnern kann, auch nicht anders. Viele Ziele ich vor meinen Augen
hatte und einige gingen in Erfüllung und andere eben nicht. Der
Lauf der Dinge es ist und ein Wirrwarr in Form eines unvollständigen
Mosaiks eben das Leben ist. Doch will ich eure Kampfessinne nicht
trüben. Vielleicht kann ich Ihnen in dieser Sache doch noch
behilflich sein, sofern Sie diese Unterredung und den Hinweis
vergessen, ich meine zuverlässig aus ihrem Gedächtnis
verbannen?«, riet ihm seine Heiligkeit.
»Diese Unterhaltung hat niemals
stattgefunden, eure Heiligkeit.«, bekräftigte Zortekan
voller Kampfeslust.
»Gut, gut, so denn. Wir haben nördlich
von hier eine Art Museum, dort befinden sich tief unterirdisch sehr
große Hallen. In diesen Hallen befinden sich sämtliche
Kampfgleiter, die wir auf unseren unzähligen Expeditionen beschlagnahmt haben oder
vom Feinde zurückgelassen wurden. Sie befinden
sich in absoluter Einsatzform. Das heißt, dass sie
funktionsfähig sind. Ich kann Ihnen nur eines sagen, dass einer
unserer vorherigen Xarmaxe, selig soll er auf ewig sein, dass er diese
Sammelleidenschaft entwickelte und sehr lange Zeit fortsetzte. Ich
jedenfalls bin von dieser Art Laster, den Ahnen sei Dank, nicht
befallen. Wenn Sie wünschen, könnte ich ein paar Objekte
ihrer Begierde hierher fliegen lassen?«, bot Xarmax an.
»Das wäre großartig, eure
Heiligkeit! Und wie lange würde dies dauern, ich meine, wann
können die Schiffe denn hier sein?«, fragte Zortekan
voller Ungeduld.
»Einst befand sich mein Geist auch voller
Ungeduld. Schrecklich, dieses Gefühl, nicht wahr? Es hat so
manchen schon in den Wahnsinn getrieben. Trotzdem will ich euch nicht
länger quälen. Sie werden bis morgen hier sein. Wie viel
Männer, sagen Sie, haben Sie noch zur Verfügung?«,
wollte nun der Heilige Xarmax wissen.
»Neunundfünfzig, um genau zu sein, eure Heiligkeit?«
»Ich darf doch annehmen, dass jeder
einzelne dieser Krieger ein Schiff jeglicher Art fähig ist zu
fliegen?«, vergewisserte sich seine Heiligkeit.
»Gewiss, eure Heiligkeit.«,
bestätigte Zortekan.
»Gut, eine Frage noch, wie viel Männer
benötigen Sie um eines dieser Schiffe zu fliegen, aber auch die
Bordwaffen zu benutzen?«, fragte seine Heiligkeit nach.
Nach dieser Frage wusste Zortekan, dass seine
Heiligkeit schon während sie sich unterhielten
einen kleinen Plan ausdachte. Beachtlich, dachte er sich noch.
»Höchstens drei Krieger pro Schiff,
euer Heiligkeit.«, gab Zortekan zu verstehen.
»Gut, gut, das wären dann bei 59
Männern, geteilt durch drei, wie viel Schiffe?«, fragte
ihn seine Heiligkeit.
Etwa 19 Schiffe, eure Heiligkeit.«,
erwiderte Zortekan.
Gut, ich gebe euch fünfzehn der besten
Schiffe, die wir haben und nicht eines mehr, einverstanden, Herr
Kommandant Zortekan?«, bot ihm seine Heiligkeit an.
»Ob ich einverstanden bin? Natürlich
bin ich das, eure Heiligkeit. Zudem verstehe ich, was Sie damit
bezwecken. Es soll so aussehen, als käme noch ein weiteres
Geschwader der Flotte zu Hilfe. Das ist eine ausgezeichnete Idee,
eure Heiligkeit. Wenn ich dies bemerken darf.«, lobte ihn
Zortekan.
»Nicht zu beirren Sie sind. Was mich sehr
freut.«
»Um nochmals auf ihre Frage zurückzukommen,
ob meine Männer jedes nur erdenklich Kampfschiff oder
Kampfjäger fliegen können, kann ich dem nur zustimmen. Ja,
sie sind absolut fähig, alles was nur sozusagen Flügel hat,
zu fliegen und darüber hinaus auch damit zu kämpfen.«
»Bis es so weit ist, müssen sie sich
noch in Geduld üben, mein ungestümer und tapferer Freund.
So lauschen Sie meinen Worten. Sobald die Kampfschiffe hierher
überführt sind, werden sie von einem meiner Abgesandten
Bescheid bekommen. Sie werden mit dem Notwendigen beladen sein, so
dass sie mit ihren Kriegern gleich starten können. Entspricht
das ihren Wünschen?«, fragte Xarmax den tapferen
Kommandanten mit einem Erwartungsvollen und dennoch prüfenden
Blick.
»Exakt, eure Heiligkeit.«,
erwiderte Zortekan.
»So wünsche ich euch denn Glück
und Erfolg in eurem Vorhaben, mein Freund Zortekan. Doch müsst
ihr mich nun entschuldigen, ich habe nun viel zu tun. Nicht nur meine
Wenigkeit sollte von den Verrätern wissen.«
Es folgte eine herzliche Umarmung beider und
jeder ging seines Weges. Während Zortekan die endlos wirkenden
Gänge zurücklief, dachte er noch, wie er es seinen Männern
am besten beibringen konnte. Sie freuten sich schon auf ihre
Heimreise nach ihrem Heimatplaneten Rigkhonia. Ein schlechtes
Gewissen folgte Zortekan voraus. Doch was sollte er tun?
Heimkehren ohne jegliches geleistet zu haben? Mit gutem Gefühl
heimkehren, wo sich doch herausstellte, dass die Nohkui noch nicht
und gänzlich vernichtet werden konnten und sich neu formierten,
um wieder mordend und plündernd von Planet zu Planet zu wandern?
Nein, das konnte er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. Ob seine
Männer genau so denken würden, ließ er ihnen frei.
Von den 59 Männern, die noch übrig waren, hatten über
die Hälfte Flugerfahrung. So war es ihm möglich, seine
Männer auf die fünfzehn Schiffe zu verteilen, um ein kleines,
doch immerhin intaktes Geschwader zu bilden, sozusagen zu formieren.
Zortekan beschloss, seine Männer nicht in ihrer Entscheidung
unter Druck zu setzen. Wer nach Hause wollte, konnte sich in den
Expeditionsgleiter setzen und nach Hause fliegen. Eine Weile dauerte
es schon, bis er wieder an den Vergnügungshallen ankam. Er ging
hinein und setzte sich wieder an den Tresen. Dann guckte er auf seine
Männer. Sie spürten förmlich an seinem Blick, dass
etwas nicht stimmte. Plötzliche Stille überflutete den noch
vor wenigen Augenblicken so lauten Raum. Sie taten das, was in
diesem Falle das Beste war, nämlich zu schweigen und
abzuwarten.
»Hört mal alle her, ich habe euch
etwas zu berichten.«, schrie Zortekan durch den Raum.
»Sicherlich warten schon die meisten von
euch auf das Zeichen des Aufbruches zur Heimreise. Zu meinem
größten Bedauern ist, zumindest was meine Wenigekeit
betrifft, etwas unaufschiebbares dazwischengekommen. Was ich aber
hier wegen der Geheimhaltung noch nicht preisgeben kann. Doch eines
lasst euch gesagt sein. Dieser Grund überwiegt lässt bei Weitem
meinem Wunsch überwiegen, weiterzukämpfen, als den Wunsch,
nach Hause zu Fliegen und die Goderijaner aber auch unsere
Verbündete ihrem Schicksal zu überlassen. Doch möchte
ich noch hinzufügen, dass ich keinem Einzigen von euch den
Befehl zum Weiterkämpfen erteilen werde. Jener welcher
ungeachtet seines Ranges oder seiner Herkunft kann, wenn es sein
ausdrücklicher Wunsch ist, mit dem schon start- und flugbereiten
Expeditionsgleiter schon heute nach Hause fliegen. Es wird im Falle
meiner Rückkehr auf Rigkhonia keinem einzigen von euch
irgendetwas nachgetragen oder gar negativ zur Last gelegt werden.
Alle, also jeder einzelne von euch, hat bisher seinen eigentlichen
Auftrag längst mit großer Tapferkeit mehr als erfüllt.
Ich selbst werde nun diesen vor mir auf dem Tresen stehenden Umtrunk
langsam leeren. Wenn dieses Glas leer ist, erwarte ich von jedem
Einzelnen seine Entscheidung. Die, die mit mir weiterkämpfen
wollen, begeben sich auf die linke Seite des Raumes. Die, die nach
Hause fliegen wollen, werden diesen Raum sofort verlassen. Wenn nun
alles entschieden ist, wird kein Wort mehr darüber gesprochen
werden.«
Im Nu brach im gesamten Raum ein flüsterndes,
aber dennoch gut hörbares Getuschel aus. Der eine mit diesem, der
andere mit jenem, man konnte geradezu den Eindruck gewinnen, dass hier
eine Horde von Frauen schnatternd sich ihren alltäglichen
Problemchen widmete. Doch das ließ Zortekan unberührt. Er
nippte weiterhin an seinem Mixgetränk, das stetig an Volumen
abnahm. Was auch seinen Männern, die eigentlich nicht ihn,
sondern vielmehr das Glas, das Zortekan in der Hand hielt, aufs
Genaueste beobachteten, um zu sehen, wann es leer war. Irgendwie
schien er es zu spüren, dass sich seine tapferen Männer in
einem sehr großen und innerlichen Entscheidungsdruck befanden.
Klar, alle wollten nach Hause, so erging es Zortekan ja auch.
Doch für Zortekan kam dies natürlich aus
verantwortungsvollen Gründen gar nicht erst in Frage. Doch
seine Männer hatten ihre Pflicht und Schuldigkeit gegenüber
dem Auftrag erfüllt und konnten so, ohne erst viel darüber
nachzudenken, abreisen. Nichts desto Trotz, wunderte sich Zortekan
über das so lange Nachgrübeln, anstatt einfach den Raum zu verlassen,
ohne sich noch einmal umzudrehen. Zortekan hatte seinen
Drink fast bis zur Neige ausgetrunken. Nur noch ein klitzekleiner
Rest von dem braunen Sud war noch zu sehen. Und als Zortekan sein
Glas zum letzten Schluck hochhob, folglich zum Leeren an den Mund
führte, wurde es mucksmäuschenstill in dem gesamten
Raum. Zortekan fiel diese plötzliche Ruhe natürlich sofort
auf und er hielt kurz in seiner Handlung inne, guckte etwas verlegen aus
seinem rechten Augenwinkel und führte dann schließlich
doch noch das Glas zum Mund und leerte es gänzlich aus. Dann
stellte er das Glas wieder auf den Tresen zurück und drehte
sich anschließend mit dem Hocker zu seiner Truppe hin, schwieg,
und schien zu warten. Einen Moment lang schien es so, als wollten
seine Männer nicht aufstehen. Doch dem war nicht so. Einer nach
dem anderen stand auf und ging zum Erstaunen Zortekans auf die linke
Seite des Raumes. Ja, einer nach dem anderen bis zum letzten Mann.
Zortekan war innerlich den Tränen nahe.
Soviel Treue und Loyalität hätte er von seinen Männern
wahrhaftig nicht erwarten können. Ihm war in diesem Augenblick
bewusst, dass er die gleiche Autorität wie sein Vorgänger,
Kommandant Olep, von seinen Männern bekam.
»Männer, ich danke euch. In Kürze,
das bedeutet, ab morgen, ziehen wir wieder in den Kampf. Wohin, wo und
wann, erfahrt ihr alles an Bord der fünfzehn Kampfschiffe,
die wir von seiner Heiligkeit, dem Heiligen Xarmax bekommen werden.«,
wies Zortekan darauf hin.
Dann hallte ein Schrei der Freude durch den
Saal. Seine Männer wussten nur allzugut, was das bedeutete.
»Männer, seid doch mal still!«,
mischte sich Zortekan lauthals in die Menge ein, doch es schien ihm
niemand wirklich zuzuhören.
»Alles hört auf mein Kommando!«,
schrie Zortekan erneut mit einer festen und unüberhörbaren
Stimme zu seinen Kriegern, die nun wie in Trance wirkend in
Befehlsstellung stramm standen.
»Mann, wie und vor allem wo haben Sie...?«
Dann wurde der Krieger von Zortekan unterbrochen.
»Darüber darf ich noch nichts sagen.
Außerdem sagte ich euch ja bereits, was ihr unbedingt wissen
müsst, werdet ihr später erfahren. So, für den Rest
des Tages gebe ich euch frei. Amüsiert euch gut und bechert
nicht so viel, damit ihr morgen früh fit seid. Wenn ihr mich
sucht, ich bin in Quartier 20, okay?«, wies er seine Krieger an.
»Jawohl, Herr Kommandant.«, freuten
sich seine Krieger, noch einmal so richtig einen draufmachen zu
können.
Anschließend ging Zortekan in sein
Quartier, um eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Da lag er nun auf
seiner Pritsche auf den Rücken und konnte einfach nicht
einschlafen. Zu vieles ging ihm durch den Kopf. Was ihn und seine
Männer erwartete, wenn sie zu General Godurus Flotte stoßen
würden. Ob sie auch diesen Einsatz überleben würden?
Und ob sie dieses Mal die Nohkui besiegen können? Und, und,
und. Schließlich verlor Zortekan den Kampf gegen den Schlaf
des Gerechten und schlief ein. Im Laufe des Abends kamen seine Männer
mal in Zweiergruppen, mal einzeln und, wie sollte es auch anders sein,
waren sie sternhagelvoll. Einer stützte den anderen, doch trotz
ihres Radaus wurde Kommandant Zortekan nicht wach und schnurrte wie
ein Baby.
»Seht euch doch mal unseren Kommandanten
an, schläft sanft und friedlich wie ein Baby, als befände
er sich zu Hause! Mann, so einen Schlaf möchte ich auch mal haben.
Äußerte sich ein Krieger leicht angetrunken. Und legte
sich auch Schlafen.
Kapitel 20, Die Verräter, Teil 2
Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer
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