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aus dem Fichtelgebirge

Wirtshausgeschichten und Stammtischgeschichten aus dem Fichtelgebirge

Tamoten, viel besser als Tomaten

Eine Geschichte aus Marktleuthen im Fichtelgebirge

»Spaghetti mit Tomatensoß'! Sua Zeich iss ich niat!« So schimpft der Franz. Oder war's der Heinz, oder der Fritz? Er hat im Markt gewohnt und sein Stammtisch war eigentlich beim Lui-Ernst, aber ab und zu, da ging er mal ins Gasthaus Überbruck. »Dou is's niat sua langweilig. Dej verarschn immer mal an Auswärtigen oder an Berliner.«, so hatte er sich bei seinen Markt-Stammtischbrüdern entschuldigt. »Tomatensoß' is wos für die Italiener, dou gäih ich lejber haam za meiner Bertha, dej mecht die Soß mit Möhl-Räisti und an die Nudeln kumma Semmlbräisala!«

Das können die fortschrittlich und weltoffen denkenden Überbruckler natürlich nicht auf sich sitzen lassen: »Wos da Bauer niat kennt, des frisst er halt niat. Dean werd ma's scho zeig'n!«, lacht der Heiner. Bei seinem nächsten Besuch beklagen sie sich, dass die Tomaten wirklich nicht das Gelbe vom Ei sind, aber der Schorsch hat eine Lösung gefunden: »Gäih a mal zan Herrn Hans in der Ziegengass', der hout Tamoten, des is wos ganz nei's, dej schmecken vül besser wej die Tomaten!«, so fachsimpeln sie über den fantastischen Geschmack ihrer kulinarischen Entdeckung.

Am nächsten Tag sieht man den Franz zum besagten Kolonialwarengeschäft laufen. Der Herr Hans war inzwischen, wie alle Geschäfte im Ort, entsprechend instruiert worden, wenn jemand nach Tamoten fragt, ihn zum nächsten Geschäft weiterzuschicken: »Heit frejh hob ich nu welche g'habt, ober dej warn schnell alla, waal se sua gout sen.« So marschiert der Franz gleich weiter ins Heffakleesviertel zur Herrle. Und so geht's weiter im Zick-Zack quer durch Marktleuthen: Von der Herrle zum Küspert, dann gleich daneben zum Obstgeschäft Wagenknecht. Die schicken ihn zur Pecher's-Marie und die wieder zurück in den Markt zum Ramser: »Der hout immer die grejste Auswahl.« Dazwischen schaut er noch beim Fürst im Unteren Markt rein und beim Backdie.

Unterwegs trifft er die dicke Alma, die den ganzen Tag nur ein Thema kennt: Kochen und Essen. Die muss es ja wissen. Gottseidank hatte sie auch schon von der Aktion gehört und gab ihm nur einen Tipp: »Wennst heit kaane meja krejgst, nou gäihst morg'n ganz frejh, dou gibt's amend nu welche!«

Schließlich kommt er ganz verzweifelt zur Birn-Bärbel in der Humboldtstraße, denn »Wer Birn hout ...« Die weiß zwar auch Bescheid, aber als der Franz sie als seine letzte Rettung bezeichnet und ganz treuselig nach den Tamoten fragt, kann sie sich das Lachen nicht mehr verbeißen. Sie platzt heraus: »Ja bist du denn sua bläid, oder toust du blouß sua? Waast du denn niat, dass dej in der Überbruck niat blouß die Berliner verarsch'n?« Das war zu viel. Heute wäre er wohl zum Amokläufer geworden, aber so was gab's damals ja noch nicht. So hat er seine Wut an seiner Bertha ausgelassen und macht sich gleich wieder auf den Weg ins Wirtshaus: »Heit brauch ich kaa Mittagessen! Des bisserl wou ich zan Essn brauch, koa ich trink'n aa! Und morg'n gäihst ins Einkaafm und hulst ma a Pfund Tamoten!«. Ob die Bertha den gleichen Zick-Zack-Kurs noch einmal absolvierte, ist leider nicht überliefert.

Seine alten Stammtischbrüder wussten natürlich auch schon Bescheid: »Wärst im Markt bliebm! Wos gäihst denn aa dou nunter za deanern? Die Überbruck, des is ja fast scho Ausland!« Und wenn sie nicht gestorben sind, dann saufen sie noch heute ...

Ausgedacht von Erwin Purucker, 2015. Jede Übereinstimmung mit noch lebenden oder schon toten Personen ist rein zufällig und selbstverständlich nicht beabsichtigt! Die erwähnten Lebensmittelgeschäfte gab es wirklich, aber nicht alle zur gleichen Zeit.
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